Rede zum Patrozinium St. Gertrud

Auf vielfachen Wun­sch möcht­en wir unsere Rede zum Patrozini­um St. Gertrud hier veröffentlichen.

Vor einem Jahr, als wir das 50. Jubiläum des Neubaus unser­er Kirche gefeiert haben, hat Mar­lies Wün­schel uns, die Mess­di­ener, ange­sprochen und sich gewün­scht, dass wir uns des Patrozini­ums unser­er Pfar­rkirche annehmen.

Heute, am Son­ntag nach dem 17. März, dem Gedenk­tag der Patron­in unser­er Kirche, der Heili­gen Gertrud von Niv­elles kom­men wir dieser Bitte gerne nach.

Warum soll­ten wir so ein Fest über­haupt noch feiern, jet­zt wo wir ja eh in der Großp­far­rei St. Theo­dard aufgehen?

Ist es bei ein­er Hochzeit nicht auch so, dass ein neues gemein­sames Ganzes entste­ht, aber es trotz­dem noch 2 indi­vidu­elle Men­schen bleiben, die ihre Eigen­heit­en nicht verlieren?

Vielle­icht kan­nten sich unsere Gertrud und der Theo­dard sog­ar? Sie haben zur sel­ben Zeit gelebt.

Theo­dard wurde Bischof von Tongern-Maas­tricht. Und Tongern ist die wohl älteste Stadt Bel­giens. Niv­elles liegt ca. 15 km von Brüs­sel entfernt.

Vielle­icht erken­nen auch wir bald die Gemein­samkeit­en von Gertrud und Theo­dard unsere Eigen­heit­en wer­den wir schon nicht verlieren. 😉

Aber wer war Gertrud von Niv­elles, die Sie im Bild oben am Hochal­tar sehen kön­nen? Der Gre­go­ry erk­lärt uns das mal:

Macht man sich auf Spuren­suche nach der heili­gen Gertrud trifft man auf unter­schiedliche Über­liefer­ungsstränge. Deren Grund­lage bildet die hl. Gertrud von Niv­elles (Bel­gien), deren Leben und Wirken als his­torisch gesichert gel­ten darf – für eine Heilige der Merowingerzeit eine wirk­liche Beson­der­heit. Um diesen his­torischen Kern der Gertrud von Niv­elles haben sich im Laufe der Jahrhun­derte zahlre­iche Leg­en­den und Zudich­tun­gen entwick­elt, die zeitweise sog­ar schein­bar eigen­ständi­ge Gestal­ten ein­er Gertrud von Karl­burg und ein­er Gertrud von Neustadt entste­hen ließen.

Die heilige Gertrud von Niv­elles (auch Gertrud­is, Ger­traud, Ger­da) wurde 626 in Lan­den (südöstlich von Brüs­sel / Bel­gien) geboren. Sie war die Tochter des aus­trischen Haus­meiers Pip­pin I. dem Älteren und sein­er Frau Itta von Niv­elles; Gertruds Schwest­er Beg­ga heiratete später den Her­zog von Ansegisel, aus dessen Geschlecht 100 Jahre später Kaiser Karl der Große hervorging.

Ihre Kind­heit ver­brachte Gertrud auf der Königsp­falz der Merowinger. Schon als junges Mäd­chen sollte sie eine standes­gemäße Hochzeit mit dem fränkischen Her­zog Rigulf einge­hen, was sie jedoch vehe­ment ablehnte. So soll sie stolz verkün­det haben: „Nicht diesen, nicht einen anderen. Ich schwöre, dass ich keinen zum Gemahl haben werde als allein Chris­tus, den Herrn.“

Nach dem Tod ihres Vaters Pip­pin im Jahr 640 bat Bischof Aman­dus von Utrecht Gertruds Mut­ter Itta, ein Kloster zu erricht­en. Itta kam diesem Rat nach und grün­dete das Kloster Niv­elles in Süd­bra­bant (25 km südlich von Brüs­sel); gemein­sam mit ihrer 14-jähri­gen Tochter trat Itta als erste in ihre Kloster­grün­dung ein. Gertrud indes musste sich auch weit­er heiratswilliger Freier erwehren. So heißt es, dass ihre Mut­ter Itta ihr die Haare „wie eine Kro­ne“ abschnitt und sie im Kloster versteckte.

Nach dem Tod ihrer Mut­ter Itta im Jahr 652 wurde sie Äbtissin des Klosters Niv­elles. Sie soll eine hoch gebildete Frau und her­vor­ra­gende Ken­ner­in der Bibel gewe­sen sein; immer wieder – so heißt es – ließ sie sich geistliche Lit­er­atur aus Rom kom­men und berief sog­ar irische Mönche (!) nach Niv­elles, die ihr die Heilige Schrift ausle­gen soll­ten. Daneben lagen Gertrud auch die Kranken und Ster­ben­den am Herzen; außer­dem küm­merte sie sich ganz im Zeichen der christlichen Näch­sten­liebe um Witwen, Pil­ger und Gefan­gene und grün­dete eines der ersten Pilgerhospize.

Eine Episode in der Vita der hl. Gertrud berichtet von Schiff­s­reisenden, die im Auf­trag Gertruds unter­wegs waren: Als diese auf der Fahrt von einem Meere­sunge­heuer bedro­ht wur­den, fle­ht­en sie Gertrud um Hil­fe an und sofort ver­schwand das Unge­heuer. Eine (ver­mut­lich später ent­standene Leg­ende) erzählt überdies, dass Gertrud das Land ein­mal allein durch ihr Gebet von ein­er Mäuse- und Rat­ten­plage befre­it und so den Ern­teer­trag gerettet haben soll; auch Mäuse, die sie beim andächti­gen Spin­nen störten, ver­trieb sie.

Gertrud starb am 17. März 659 im Alter von 33 Jahren in Niv­elles; ihr Todestag, den ihr ein irisch­er Mönch exakt prophezeit hat­te, ist der Tag des irischen Nation­al­heili­gen St. Patrick. Gertrud wurde im Kloster Niv­elles bestat­tet und bere­its kurz nach ihrem Tod wie eine Heilige verehrt; zahlre­iche Kirchen wur­den ihrem Patronat unter­stellt, immer wieder wur­den der Vita Wun­der­berichte beigefügt.

Der Gedenk­tag der hl. Gertrud ist der 17. März. Da dieser Tag in vorchristlich­er Zeit der der ger­man­is­chen Frucht­barkeits­göt­tin Freya gewid­met war, übertrug man deren Auf­gaben mit der Zeit teil­weise auf Gertrud. Aus diesem Grund gilt die heilige Gertrud bis heute als Früh­lings­botin oder Sommerbraut.

Dargestellt wird die Patron­in der Kranken­häuser, Armen, Witwen, Pil­ger und Gefan­genen, der Reisenden, der Gärt­ner, Feld- und Garten­früchte meist im Äbtissin­nenge­wand mit Krumm­stab oder Kreuz; weit­ere beliebte Attribute der Heili­gen, die auch gegen Rat­ten- und Mäuse­pla­gen sowie gegen Fieber angerufen wird, sind Mäuse, Spin­nrad oder Segelschiff.

Ver­mut­lich durch die Verquick­ung mit der ger­man­is­chen Frucht­barkeits­göt­tin Freya wird zudem am Ger­trau­den­tag tra­di­tionell die Sai­son für die Garten- und Fel­dar­beit eröffnet. Gemäß der Bauern­weisheit „Gertrud mit der Maus / treibt die Spin­ner­in­nen raus“ begin­nt ab dem 17. März wieder die Fel­dar­beit und die Win­ter­ar­beit im Haus hat ein Ende. Zahlre­iche Bauern­regeln wie „Wer an Ger­traud nicht in den Garten geht / im Som­mer vor leeren Beeten ste­ht“ oder „Son­niger Gertru­den­tag / Freud dem Bauern brin­gen mag.“ illus­tri­eren diese Sichtweise.